Max Dauthendey Gedichte

Ich gehe durch verwirrte, lärmgefül l te Gassen Rast los hin, zurück, und trete in ein unbekanntes Haus. Durch Korridore, Türen, Zimmer f inde öden Weg Und komme in den al ten, hohen Büchersaal , St i l l , wel tfern lebte hier nur sanfter Staub, Geistesabwesend schien das Saalgesicht. An al len Wänden standen weiße Schränke. Ich wi l l die Bücher sehen, Ich öffne von den st i l len Schränken einen, Es stehen große dunkle Herzen in Regalen, Herzen wie Menschen groß und mumienhaft gedorrt. Ich wußte nur noch, daß ich lesen wol l te, Ich legte mir ein Herz auf einen Tisch, und es bricht auf. Es war verstaubtes, al tes Blut darin. Äl ter und st i l ler wurde es im Saal . Es ist aus jenem Herzen jemand eingetreten. Die Schränke an den Wänden stehen al le offen, Und vor mir dichte Reihen dunkler Herzen. Die Luft wuchs eng, unsichtbar fül len Menschen dicht den Saal. Ich sehne mich hinaus, dort an der Türe si tzt ein Mensch, gelb und verdorrt, Ohne Iris und Pupi l len sieht er mich wartend an. Vergrämt und einsam sieht er aus Und war Jahrhunderte al lein. Er sieht mich wartend an mi t leeren Augen. Ich komme fast erwürgt an ihm vorbei . Dann, als ich Haus und Straße längst verlor, Erst wei t fort, wußte ich, das war der Mensch, Des Herz ich brach.

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