Max Dauthendey in Japan

80 Wie ein Hügel im Januarschneekleide. Das fiebernde Auge des kranken Schogun glaubte am nächsten Morgen geruhig an die Winterkühle, Und des Kranken wirre Schwüle wich vor dem klaren Schneegefühle. Der Kran- ke ließ seine fiebernden Augen in langen Tagen, Ohne nach dem Grund zu fragen, auf dem weißseidenen Schneehügel weilen, und seine kluge Frau sah zufrieden ihres Mannes Fieber langsam heilen. Denn die, die liebend die Tage miteinander teilen, werden zu Zauberern im Handeln und können im Nu zum Glück ihrer Ruh’ die Jahreszeiten verwan- deln. Japanische Gärten Sind die japanischen Zimmer für den Europäer leer wie Holzrahmen, wie Bil- derrahmen, die den Schimmer des Menschengesichtes gediegen, zart und ohne Beschwer Wie ein lebendes Bild aufnahmen, so ist der japanische Garten am Haus umher kraus und kreuz und quer voll kleiner Brücken, Voll Steinlaternen bei Wasserlücken, und auf manchem Hügelein, rund wie ein Buddhabauch, sitzt ein kostbarer Zwergstrauch, wertvoll gleich teuren Mö- belstücken. Da sind keine Bäume, die lärmendes Rauschen vollführen; nur eine stille Welt aus Strauchfiguren steht über den Rasen, die sich nie rühren. Ein vornehm japanisches Haus lud mich in seinen Garten an einem Nachmit- tag. Alle Schiebetüren waren geöffnet im Haus, Und ich sah erstaunt hinaus und wußte nicht, wo sollte der herrliche Garten sein. Drunten lag nur ein welliger Rasenrain. Kein Weg führte hinein, kein Baum sah ins Haus herein; vor mir nur ein grüner, mäßiger Raum von welligem Rasen, Aber der Garten selbst schien wie fortgeblasen. Ich trat auf den Hausaltan und suchte vergeblich Baumgänge, Lauben und Blattgedränge. Nirgends Blumenbeete, nirgends Scharten, nirgends Teppichrabatten; vor mir eine unverständlich grüne Grasenge, Darauf nur leichte Hügellinien um seichte, rinnende Wasser; ein paar Zwergs- träucher, von denen reichte mir keiner kaum ans Knie.

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