Max Dauthendey in Japan

78 Im goldnen Pavillon bei Kioto Vor Kioto ist hinter Waldwegen und Reisfeldern draußen ein goldner Pavillon gelegen, darinnen Mönche hausen. Als ich dort einmal von den Arashiyama-Wasserschnellen vorüberkam, klopfte ich dort an der Gartentüre an. Die Mönche, die das Haus bestellen, traten heraus, luden mich artig ein und hießen mich mit Tee willkommen, und das Schälchen Tee spricht in Japan: Du bist gern bei uns aufgenommen. – Das Haus gehörte einst einem Schogun, einem Landestribun, der hatte sich an dem Ende seiner Tage dorthin zurück- gezogen, Er gab nach seinemTod das hölzerne Haus mit dem goldenen Dach in der Pries- ter Hände. Das Gold darauf glänzte nur noch schwach, Aber der bronzene Phönix saß noch stolz droben als Knauf. In den Gemächern sind alte Handmalereien an die Wände gehängt; Aber schöner als alles im Haus ist der Garten rundum mit seinen Spielereien; der japanische Garten, darinnen jeder Felsenstein Um den Teichspiegel, ausgewählt wie ein Gesicht, an den Wasserschein gestellt, als ob er im Inneren einen verzauberten Menschen enthält. Jeder Felsstein nimmt eine Sonderstellung ein, daß er ins Aug’ wie eine kauernde Figur fällt. Da ist jeder Baumstamm und Stein an der Gartengestalt wichtig, wie an einem Menschenleib ein Knochenbein. Keine gekrümmten Wurzeln zu nichtig und klein in dem Garten, daß sie nicht der Schönheit wie dienende Geister aufwarten. Da hat ein Meister verschiedenes Laubwerk vergoldend und rötlich und grau hingetan, wie die Stickereien auf dem Seidentuch einer Frau, Da paßt das senkrechte Schilf gegen den wagrechten Zedernast gleich der Rand- zeichnung in einem Buch an den Teich. Jedes Blatt sieht aus, als wär’ es im Gartenraum gezählt, als sei im weiten Garten kaum ein gezacktes Blättlein überflüssig gewählt. Die Kirschbäume stehen hier spärlich wie aus künstlich rosa Seidenpapier ge- schnitten. Und da ist beim Haus ein Rasenberg dahinter, Der spielte einmal mit seinem grünen Hügelleib mitten im Sommer Winter, verkleidet von des Schoguns liebendem Weib. Denn der Fürst, verdorrt von Sommerglut und von manchem unausgesproche- nem Machtwort, das wie ein Komet nie ruht,

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